Die Europäische Erbrechtsverordnung gilt seit 17.08.2015

Donnerstag, 10. September 2015 10:18

Die Europäische Erbrechtsverordnung gilt seit 17.08.2015, d. h. Erbfälle, die sich ab diesem Zeitpunkt ereignen, sind danach zu beurteilen und Testamente/Erbverträge entsprechend zu gestalten.

Die neue Europäische Erbrechtsverordnung, genaue Bezeichnung: Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 04 Juli 2012, veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union vom 27.07.2012 zu L 201/107.

Sie gilt in allen EU-Mitgliedsstaaten. Sie ist auch zu beachten, wenn Fälle zu bearbeiten sind, an denen andere Nicht-EU-Nationalitäten beteiligt sind, die jedoch einen EU Bezug haben.

Bei Grenzüberschreitendem Bezug wird geregelt, welches mitgliedstaatliche Recht auf den Erbfall anzuwenden ist und welche Institutionen welchen Mitgliedstaates für Entscheidungen über den Erbfall die Zuständigkeit haben.

Nicht mehr die Staatsangehörigkeit entscheidet, wie bisher, sondern der letzte gewöhnliche Aufenthaltsort des Erblassers, in dem der Verstorbene zuletzt lebte. (domicile, residence)

Weiterhin ist zu beachten, ob eine Rechtswahl stattgefunden hat und zwar sowohl bezüglich des gesamten anzuwendenden Rechtes als auch einer teilweisen Anwendbarkeit, wenn die Rechtswahlklauseln aus der Zeit vor dem 17. August 2015 stammten und sich zum Beispiel in Deutschland nur auf das unbewegliche Vermögen beschränkten. Diese bleiben nach Artikel 83 Abs. 2 der Verordnung wirksam. Dennoch ist es ratsam, in jedem einzelnen Fall alter Verfügungen, in denen grenzüberschreitende Sachverhalte relevant werden können, die Verfügungen von Todes wegen (Testamente, Erbverträge, gemeinschaftliche Testamente, Vermächtnisse usw.) von einem Erbrechtsexperten überprüfen zu lassen.

Prüfung des Kindeswohls in Fällen internationaler Kindesentführung

Dienstag, 31. März 2015 20:15

Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg hat in einer aktuellen Entscheidung aus dem Jahr 2014 noch einmal deutlich gemacht, dass das Kindeswohl integraler Bestandteil jeder Rückführungsprüfung in Fällen internationaler Kindesentführung auf Grundlage des sog. Haager Kindesentführungsübereinkommens (HKÜ) sein muss. In dem vom Oberlandesgericht zu entscheidenden Fall war die eigentliche Rückführungsentscheidung bereits getroffen. Im konkreten Fall ging es um die Durchsetzung dieser Entscheidung, mithin um die Vollstreckung. Das Gericht machte deutlich, dass selbst in diesem (späten) Verfahrensstadium das Kindeswohl von erheblicher Bedeutung sein kann. Die zu vollstreckende Entscheidung hatte die Rückführung der Kinder vom Vater in Deutschland zur Mutter, nach Kanada, angeordnet. Die Kindesmutter hatte in Kanada allerdings einem Verbleiben der Kinder in Deutschland bis zur Eröffnung des Hauptsacheverfahrens zugestimmt. Dadurch sei bei den Kindern ein schützenswerter Vertrauenstatbestand geschaffen worden, so das Hanseatische Oberlandesgericht. Die Vollstreckung der Rückführungsentscheidung wurde durch das Hanseatische Oberlandesgericht mit Blick auf das bei den Kindern geschaffene Vertrauen abgelehnt.

Die Entscheidung veranschaulicht ebenfalls die Bedeutsamkeit von Verfahrenshandlungen im Ausland auf in Deutschland anhängige Verfahren. Für den Fall, dass sowohl im Ausland als auch in Deutschland familienrechtliche Verfahren anhängig sind, sind diese zu koordinieren, damit derartige „Nebenwirkungen“ vermieden werden können. Wir setzen unsere langjährige Erfahrung in grenzüberschreitenden Familienkonflikten, Kindschaftsangelegenheiten und Kindesentführungsfällen gerne für Sie ein.

Rechtsanwalt Hanke hat die vorstehenden Fall detailliert kommentiert in FamRB (Familienrechtsberater), 2015, Seite 100 – 101.

Ehegattenunterhalt / Kindesunterhalt in North Carolina

Dienstag, 17. Februar 2015 13:23

Das Familienrecht der USA wird vorwiegend durch die einzelnen Bundesstaaten geregelt und weist insbesondere im Bereich des Ehegatten- und Kindesunterhaltes erhebliche Unterschiede auf.

So kennt das Recht von North Carolina hinsichtlich des Ehegattenunterhaltes grundsätzlich zwei verschiedene Unterhaltsregime. Es gewährt Trennungsunterhalt (post separation support), welcher nur vorübergehender Natur ist und abhängige Ehegatten während des Scheidungsverfahrens so lange finanziell absichern soll, bis eine endgültige Unterhaltsentscheidung vorliegt. Seine Gültigkeit endet, sobald eine Entscheidung über den nachehelichen Unterhalt (alimony) ergeht. Im Gegensatz zu anderen Bundesstaaten, welche bereits konkrete Berechnungsmethoden des Ehegattenunterhaltes vorsehen, wird den Gerichten hier bei der Bestimmung von Art, Höhe und Dauer dieses Anspruchs ein großer Ermessensspielraum eingeräumt. Das einschlägige Bunderecht beschreibt lediglich katalogartig bestimmte Gesichtspunkte, an denen sich die Bemessung orientieren soll. Es ist es also nicht verwunderlich, dass die Höhe des zu leistenden Unterhaltes stark vom Einzelfall abhängt. Bei der Bestimmung des Umfangs der Unterhaltspflicht sollen die Gerichte etwa die Dauer der Ehe oder das jeweils durch die Ehegatten eingebrachte Vermögen würdigen, aber auch eventuelles Fehlverhalten während der Ehe mit in die Entscheidung einfließen lassen.

Etwas vorhersehbarer gestaltet sich hingegen die Bestimmung des Kindesunterhalts (child support). Er ist nur im Ausnahmefall über die Vollendung des 18. Lebensjahres des Mündels hinaus zu gewähren und soll sich an Richtlinien orientieren, die in regelmäßigen Abständen erlassen werden. Gerade erst zum 01.01.2015 traten diese in aktueller Form in Kraft. Die hier einsehbaren, einkommensabhängigen, Beträge stellen allerdings nur eine unverbindliche Empfehlung dar und können aus verschiedenen Gründen im Einzelfall anders ausfallen. Das Gericht soll beispielsweise stets die konkreten Bedürfnisse des Kindes für Bildung, ärztliche Versorgung und allgemeine Lebensgestaltung berücksichtigen. Ebenso kann die persönliche finanzielle Leistungsfähigkeit eines Elternteils den Umfang des Anspruchs beeinflussen.

Einmal mehr zeigt sich der klassische Ansatz des Common Law, durch Einräumung richterlichen Ermessens eine flexible und gerechte Urteilsfindung zu etablieren. Was aber einerseits als Einzelfallgerechtigkeit verstanden wird, kann andererseits zu einer Rechtsunsicherheit führen, welcher der Rechtsanwender nur mit einer gründlichen Prüfung des konkreten Sachverhaltes begegnen kann.