Die Erblasserin setzt ihren Enkel als Erben ein. Ihr Sohn soll Testamentsvollstrecker sein.
Die Einsetzung erfolgte bereits in einem gemeinschaftlichen, wechselbezüglichen Testament. Die Erblasserin als Letztlebende betonte jedoch, die Testamentsvollstreckung sei erst für den Zeitraum nach Ableben des Letztlebenden gemeint gewesen.
Das Finanzamt stellt einen Vermögensverlust in Höhe von 200.000,00 EUR zwischen dem Erbfall des Erstversterbenden und dem Erbfall der Letztversterbenden fest, der bislang steuerlich ungeklärt ist. Es verlangt vom Testamentsvollstrecker den innerhalb des Zweijahreszeitraumes aufgetretenen Vermögensverlust zu klären; auch Vorschenkungen seien ordnungsgemäß in der Erbschaftsteuererklärung aufzuführen.
Da der Testamentsvollstrecker keine konkreten, zahlenmäßig bestimmten Mitteilungen an das Finanzamt leitet, verlangt das Finanzamt für Erbschaft- und Schenkungsteuer die gesamten Bankunterlagen für vier verschiedene, bei zwei verschiedenen Banken geführte Konten und die Unterlagen für ein Depot, das bei einer dieser beiden Banken bestand, dem Finanzamt vorzulegen.
Fragestellungen :
1. Wie weit reicht die steuerrechtliche Erklärungspflicht des Testamentsvollstreckers?
2. Sind Vorschenkungen anzugeben, ggf. mit welcher Reichweite?
3. Besteht eine Auskunftsverpflichtung bezüglich der Bankkonten und Überlassung der Kontounterlagen durch den Testamentsvollstrecker, hätte er sich diese ggf. noch von den Banken zu beschaffen?
Der Erblasser kann durch Testament einen oder mehrere Testamentsvollstrecker gemäß § 2197 Abs. 1 BGB einsetzen, die das Amt auch gemeinschaftlich führen können, § 2224 Abs. 1 BGB.
Die Testamentsvollstrecker können unter sich aufteilen, wie sie die Aufgaben erfüllen wollen. Sie bleiben jedoch nach außen hin gemäß § 2219 Abs. 2 BGB gemeinsam verpflichtet.
Durch den Erbfall, der die Testamentsvollstreckereinsetzung auslöst, die allerdings erst mit der Annahme des Amtes beginnt (§ 2202 Abs. 1 BGB), sind drei unterschiedliche Komplexe zu unterscheiden, soweit die steuerlichen Pflichten und Rechte des Testamentsvollstreckers betroffen sind.
Der Testamentsvollstrecker hat daraufhin unterschiedliche steuerliche Pflichten zu erfüllen:
1. Komplex: – vor dem Erbfall in der Person des Erblassers entstandene Steuern
2. Komplex: – Erbschaftsteuer aufgrund des Erbfalles selbst
3. Komplex: – nach dem Erbfall während der Testamentsvollstreckung entstehende Steuern
Keiner Behandlung bedarf in dieser Untersuchung die Frage der steuerlichen Pflichten eines Testamentsvollstreckers im Rahmen von unternehmerischer Tätigkeit, die er im Rahmen einer Treuhand- oder Vollmachtslösung zu erfüllen hat, bei welcher eigenständige steuerliche Pflichten des Testamentsvollstreckers begründet werden können.
Bei Anordnung der Testamentsvollstreckung ergibt sich aus § 34 Abgabenordnung (AO) die Verpflichtung, für den Erblasser die Steuererklärungen zu erstellen. Dies betrifft alle Steuern, die vor dem Erbfall in der Person des Erblassers entstanden sind. Der Testamentsvollstrecker ist also auch verantwortlich dafür, Veranlagungsjahre bzw. Besteuerungszeiträume abzudecken, die vor dem Ableben des Erblassers liegen.
Der Testamentsvollstrecker hat grundsätzlich alle Steuererklärungen nachzuholen, die der Erblasser zu Lebzeiten versäumt hat. Dies gilt auch für Erbschaft- und Schenkungsteuererklärungen, die der Erblasser selbst abzugeben hätte, wenn er sich rechtstreu verhalten hätte.
Der Testamentsvollstrecker kann mit Zwangsgeld zur Abgabe angehalten und mit Verspätungszuschlägen bei verspätet abgegebener Steuererklärung belegt werden.
Entdeckt der Testamentsvollstrecker für Veranlagungsjahre, die noch nicht der Festsetzungsverjährung nach § 169 AO unterliegen, die Notwendigkeit, steuerliche Tatbestände erstmalig anzugeben oder abgegebene Erklärungen zu berichtigen, hat er eine Anzeige- und Berichtigungspflicht nach § 153 Abs. 1 Satz 2 AO zu erfüllen.
Die Festsetzungsverjährung verlängert sich bei leichtfertiger Steuerverkürzung auf insgesamt fünf Jahre und bei einer Steuerhinterziehung auf insgesamt zehn Jahre.
Diese Berichtigungspflicht setzt voraus, dass der Testamentsvollstreckung die Unrichtigkeit etwa abgegebener Steuererklärungen erkennt. Ein Erkennenmüssen reicht nicht aus (vgl. zu Vorstehendem insgesamt ZEV 1997, Seite 429 ff. und insbesondere Seite 431, linke Spalte, sub.2.1.1. unter Berufung auf Klein/Orlopp, Fn. 9, § 153 Anmerkung 4).
Ob der Testamentsvollstrecker verpflichtet ist, bereits veranlagte Steuererklärungen des Erblassers zu überprüfen, ggf. zu berichtigen, ist – soweit ersichtlich – nicht gerichtlich entschieden (Häffke im oben genannten Aufsatz, Verweis auf Piltz, der den Testamentsvollstrecker nicht für verpflichtet hält, nach Unrichtigkeiten zu suchen).
Der Erblasser wäre allerdings persönlich zunächst nicht verpflichtet gewesen, von sich aus eine Zuwendung dem Finanzamt anzuzeigen, sondern der Erwerber hat die Anzeige vorzunehmen innerhalb einer Frist von drei Monaten nach erlangter Kenntnis von dem Erbfall (§ 30 Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz). Allerdings kann nach § 31 ErbStG das Finanzamt von jedem an einer Schenkung Beteiligten ohne Rücksicht auf die Steuerpflicht die Abgabe einer Erklärung innerhalb einer zu bestimmenden Frist verlangen.
Nach § 31 Abs. 5 ErbStG ist grundsätzlich der Testamentsvollstreckung zur Abgabe der Steuererklärung verpflichtet. Diese Steuererklärung bezieht sich allerdings auf den aktuellen Erbfall und nicht auf vorherige Erbfälle (z.B. den Erbfall nach dem vorverstorbenen Ehemann) oder vorherige Schenkungen (z.B. wenn sie selber Schenkungen erworben hätte). Insofern bestehen erhebliche Bedenken dagegen, den Testamentsvollstrecker für verpflichtet zu halten, obgleich er sicherlich zur Abgabe beispielsweise von nachträglichen Einkommensteuererklärungen für „Luxemburg-Gelder“ verpflichtet ist, und ihm die Erklärungspflicht aufzubürden bzw. anzunehmen, das Finanzamt sei nachträglich dazu berechtigt, ihn zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung nach § 31 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 5 ErbStG aufzufordern.
Unzweifelhaft ist der Testamentsvollstrecker nach § 31 Abs. 5 ErbStG dazu verpflichtet, die konkrete Erbschaftsteuererklärung für den Erbfall abzugeben, der zu seiner Einsetzung führte. Unzweifelhaft ist der Testamentsvollstrecker ebenfalls dazu verpflichtet, die Erbschaftsteuer dem Nachlass zu entnehmen und an das Finanzamt zu überweisen, bevor die Ausschüttung an den oder die Erben stattfindet.
Tut er dies nicht und ist ihm grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz vorzuwerfen, was immer dann anzunehmen ist, wenn er zur Abgabe der Steuererklärung und zur Begleichung der Steuerschuld vom Finanzamt damit aufgefordert ist, dann haftet er auch persönlich oder es kann der Steuerbescheid gegen ihn erlassen werden (vgl. dazu ZEV 1997, Seite 434, rechte Spalte, sub. 3.3., sowie mit günstigem Ergebnis wegen Fehlens vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der auferlegten Pflichten, FG München vom 25. 10. 1999 zu 4 K 3189/96).
Allerdings ist der Testamentsvollstrecker gemäß § 2315 Abs. 1 BGB verpflichtet, unverzüglich nach Annahme seines Amtes ein Verzeichnis der seiner Verwaltung unterliegenden Nachlassgegenstände aufzustellen. Das bedeutet auch, alle Aktiva und Passiva aufzunehmen.
Da Steuerschulden dann Nachlassverbindlichkeiten sind, wenn sie in der Person des Erblassers entstanden sind bzw. generell Steuerschulden des Erblassers sind (zwar ließe sich darüber streiten, inwieweit Steuerschulden Nachlassverbindlichkeiten sein können, die zur Zeit des Erbfalls noch gar nicht bestanden, da ein Steuerbescheid noch nicht erlassen war, für die jedoch die steuerrechtlichen Sachverhalte bereits erfüllt waren, deren Entstehungsgrundlage, also im Zeitpunkt des Erbfalls schon vorhanden war,) sind sie auch in das Verzeichnis aufzunehmen. (dazu: Kröger, BB 1971, 647 m.w.N.)
Für Steuerschulden des Erblassers verweist jedenfalls § 45 Abs. 1 AO auf § 2213 Abs. 1 BGB. Demnach können gegen den Nachlass gerichtete Schulden entweder bei den Erben oder beim Testamentsvollstrecker eingetrieben werden.
Nachlassverbindlichkeiten sind jedenfalls vom Testamentsvollstrecker aufgrund seiner Verwaltungsbefugnis im Rahmen des § 2205 BGB auszugleichen. Unabhängig davon, ob der Steuerbescheid ihm bekannt gegeben wurde — die Bekanntgabe kann auch an die Erben erfolgen — ist der Testamentsvollstrecker zur Tilgung der Steuerschulden verpflichtet, weil dies Nachlassverbindlichkeiten sind.
Weil er unverzüglich nach Amtsannahme sein Nachlassverzeichnis zu erstellen hat – und es ggf. bei Auftreten neuer Erkenntnisse selbstverständlich zu berichtigen hätte – weil er auch die Steuerschulden als Nachlassverbindlichkeiten einzubeziehen hätte, erstreckt sich also seine zivilrechtliche Verwaltungsbefugnis auch auf den Bereich vor Annahme seines Amtes und damit vor Beginn des Amtes des Testamentsvollstreckers, so dass er sich nicht darauf berufen können wird, sämtliche steuerlichen Verpflichtungen, die er erfüllen wolle, beziehen sich nur auf den Zeitraum ab Mitteilung seiner Annahme gegenüber dem Nachlassgericht (§ 2202 Abs. 1 BGB).
Zwar ist nun vom BFH klargestellt worden, dass es nicht Aufgabe des Testamentsvollstreckers sei, die öffentlich-rechtlichen Pflichten der Erben zu erfüllen, wenn die Erben feststehen und die Eigentumsverhältnisse am Nachlass geklärt seien. Dies bezieht sich jedoch auf Einkommensteuererklärungen. Das Finanzamt kann deshalb in diesen Bereichen offenbar nicht vom Testamentsvollstrecker verlangen, dass er Steuererklärungen einzureichen habe, die die gesamten, für die betreffende Steuer in Betracht kommenden Verhältnisse umfassen sollen (vgl. ZEV 1997 Seite 433 sub. 2.3.1. unter Hinweis auf BFH/NV 1992, 223 und BStBl 1980 II, 605).
Der Testamentsvollstrecker, dies muss noch einmal deutlich herausgestellt werden, haftet gemäß § 69 AO für die Erfüllung steuerlicher Pflichten, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis wegen vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der auferlegten Pflicht nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden oder auch nur erfüllt werden können.
Zu den Pflichten des Testamentsvollstreckers gehört nun nicht lediglich, die Steuererklärung abzugeben, ggf.- wie oben dargestellt – zu berichtigen (dabei noch einmal in Erinnerung gerufen ist immer zu unterscheiden zwischen Steuererklärungen, die der Erblasser schon hätte abgeben müssen und der Erbschaftsteuererklärung, die aufgrund des Erbfalles erst erforderlich wurde). Über seine Pflicht, die Steuern aus dem der Testamentsvollstreckung unterliegenden Nachlass hinaus an das Finanzamt abzuführen, obliegen ihm auch Auskunfts- und Vorlagepflichten gegenüber dem Finanzamt gemäß § 93 AO. Danach haben die Beteiligten der Finanzbehörde die erforderlichen Auskünfte zu erteilen, die zur Feststellung eines für die Steuer erheblichen Sachverhaltes maßgeblich sind.
Die Frage, ob die Bankunterlagen dem Finanzamt zu überreichen sind, ist also uneingeschränkt mit „Ja“ zu beantworten. Dies gilt in jedem Falle, sobald die Bankunterlagen vorhanden sind.
Soweit die Unterlagen nicht vorhanden sind, bestehen Zweifel und Bedenken, denn die steuerlichen Pflichten des Testamentsvollstreckers gehen nicht weiter als seine zivilrechtlichen Auskunftsrechte.
Sofern man jedoch annimmt, der Testamentsvollstrecker sei als zivilrechtlicher Amtsinhaber, der einem Vertreter des Erben gleichkommt, auch berechtigt, die Banken dazu aufzufordern, Kontenunterlagen aus der Vergangenheit, soweit sie bei den Banken noch aufbewahrt werden, in Ablichtung zu beschaffen und Auskünfte bei den Banken einzuholen, dürfte sich auch seine Verpflichtung gegenüber dem Finanzamt nicht vermeiden lassen, selbst wenn dadurch erhebliche wirtschaftliche, finanzielle Aufwendungen entstehen und daneben zusätzlicher Arbeitsaufwand zu betreiben ist. Dafür steht dem Testamentsvollstrecker eine angemessene Vergütung zu.
Vorschenkungen
Die Frage, ob der Testamentsvollstrecker Vorschenkungen einfach anzugeben hat, also gegebenenfalls selbst anhand der Bankunterlagen ermitteln muss, ist mit Zurückhaltung zu beantworten:
Die Haftung des Testamentsvollstreckers ist zeitlich auf den Zeitraum beschränkt, in dem er die Vertretungs- und Verfügungsvollmacht hat (§ 36 AO). In diesem Zeitraum unterliegt er allerdings der Haftung, denn der Testamentsvollstrecker bleibt gesetzlich verpflichtet, Steuern einzubehalten und abzuführen, § 219 S. 2 AO. Insbesondere die Erbschaftsteuer hat er zu leisten und sorgfältigst darauf zu achten, den Nachlass nicht schon zuvor an die Erben ganz oder teilweise auszuschütten, so dass ihm die Erbschaftsteuerzahlung teilweise oder ganz unmöglich wird (ZEV 1997, Seite 435, linke Spalte, sub. 3.3.).
Nun hat das Finanzgericht Baden-Württemberg in seiner Entscheidung vom 12. Mai 1999, 9 V 49/97, unter anderem folgendes ausgeführt:
Der Testamentsvollstrecker sei weder Vertreter des Erblassers oder des Nachlasses, noch Vertreter des Erben. Er habe die Stellung des Inhabers eines privaten Amtes. Mit der Einreichung der Erbschaftsteuererklärung erfülle er eine eigene, aus der Vorschrift des § 31 Abs. 5 Satz 1 ErbstG abgeleitete und von den Weisungen der Erben unabhängige Steuererklärungspflicht und nicht eine Steuererklärungspflicht eines nach § 31 Abs. 1 ErbstG am Erbfall Beteiligten.
Da die Rechte des Testamentsvollstreckers strikt auf den Nachlass beschränkt sind, könne eine Anlaufhemmung (der Festsetzungsfrist gegenüber den Erben) nur hinsichtlich der den Aufgabenbereich des Testamentsvollstreckers berührten Besteuerungsgrundlagen entstehen. Nicht betroffen seien z. B. Vorschenkungen, Begünstigungen aus Verträgen zugunsten Dritter auf den Todesfall, die Ausübung von Wahlrechten, die Ermittlung von Zugewinnausgleichsforderungen im Sinne von § 5 Abs. 1 ErbStG und mit gewissen Einschränkungen auch die (Sonder) Erbfolge in einem Gesellschaftsanteil.
Das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg ist ersetzt worden von der Entscheidung des BFH vom 7.12.1999 zum Az. II B 79/99.
Der BFH meinte u. a., der Testamentsvollstrecker sei gemäß § 31 Abs. 5 ErbstG verpflichtet, die Steuererklärung abzugeben. Seine Verpflichtung ist unabhängig davon, ob das Finanzamt die Erben zur Abgabe von Steuererklärungen aufgefordert hat. Der Testamentsvollstrecker sei zwar nicht Vertreter der Erben, aber auch nicht Dritter im Sinne dieser Rechtsprechung, sondern vielmehr jemand, der für den oder die Erben handele. Er nehme, soweit seine Verwaltungsbefugnis reiche, die Rechte und Pflichten des Erben den Nachlass betreffend wahr, dem Erben sei die Ausübung seiner Rechte verwehrt (§§ 2205, 2208 BGB).
Der Testamentsvollstrecker sei selbst verpflichtet, die Steuererklärung abzugeben. Er handele damit für den selbständig gedachten Nachlass mit Wirkung für und gegen die Erben und sei insoweit einem gesetzlichen Vertreter der Erben gleichzustellen.
Bemerkenswert an der BFH-Entscheidung ist, dass der oben zitierten Ausführung, nicht betroffen seien u. a. auch Vorschenkungen, nicht widersprochen wird. Nun ist allerdings zu betonen, dass dies nur am Rande gesagt und nicht wesentlich für die Entscheidung gemacht wurde.
Der BFH hat in seiner Entscheidung vom 9.6.1999, II B 101/98, unter anderem ausgeführt, nach dem Sinn und Zweck des § 30 Abs. 1 ErbStG solle dem Finanzamt die Prüfung ermöglicht werden, ob ein erbschaft- bzw. schenkungsteuerbarer Vorgang vorliege. Hier war zu entscheiden, ob auch negative Verhältnisse mitgeteilt werden müssten, das verneinte der BFH, die Anzeigepflicht könne sich nur auf positive Verhältnisse beziehen.
Im Streitfall war der Testamentsvollstrecker nicht verpflichtet, eine Steuererklärung des (Vermächtnis-) Erwerbs der Antragstellerin beim Finanzamt einzureichen. Die Pflicht des Testamentsvollstreckers zur Abgabe der Steuererklärung nach § 31 Abs. 5 ErbstG sei auf den Erwerb von Todes wegen seitens des oder der Erben beschränkt. Diese Auslegung des § 31 Abs. 5 ErbstG ergebe sich aus der bürgerlich-rechtlichen Stellung des Testamentsvollstreckers.
Er sei nur der Verwalter des Nachlasses (§ 2205 BGB), nämlich des durch Gesamtrechtsnachfolge (§ 1922 Abs. 1 BGB) auf den Erben übergegangenen Vermögens des Erblassers. Das ErbStG greife in den § 31 Abs. 5 und § 32 Abs. 1 Satz 1 lediglich auf den durch das BGB (§ 2197 f BGB) bestimmten Begriff des Testamentsvollstreckers zurück. Daher gehe sein Aufgabenkreis erbschaftsteuerrechtlich nicht über den Rahmen hinaus, der durch das bürgerliche Recht gesetzt sei. In diesem Rahmen falle es zwar, für die Erben die Erbschaftsteuererklärung abzugeben, hinsichtlich von Personen, denen infolge des Erbfalles schuldrechtliche Ansprüche erbrechtlicher Natur gegenüber dem oder den Erben zustehen, nämlich dem Vermächtnisnehmer oder Pflichtteilsberechtigten oder Ersatzanspruchsberechtigten (damals § 1934 a BGB, jedoch seit 1. 4. 1998 nicht mehr gültig) bestünden derartige Beziehungen regelmäßig nicht.
Nur dann, wenn der Erblasser hinsichtlich eines Vermächtnisses Testamentsvollstreckung angeordnet habe, hat der Testamentsvollstrecker auch die entsprechende Steuererklärung abzugeben für den Vermächtnisnehmer.
Auch das Finanzgericht Hessen betont mit Urteil vom 23.2.1995, 10 K 2509/90, dass die Pflicht des Testamentsvollstreckers nach ausdrücklicher Vorschrift nicht weiter als sein Verwaltungsrecht reiche. Steuerrechtlich habe er nach § 104 AO, soweit seine Verwaltung reiche, die gleichen Pflichten wie ein gesetzlicher Vertreter (§ 103 AO) zu erfüllen, da ihm anstelle des Eigentümers des Nachlassvermögens oder anstelle des gesetzlichen Vertreters des Eigentümers die Verwaltung des Nachlassvermögens kraft letztwilliger Verfügung zustehe mit der Einschränkung § 104 AO auf die §§ 2205 und 2209 BGB insbesondere. Es sei, wenn der Erbe feststehe, was insbesondere bei öffentlichen Testamenten, jedoch auch bei klaren handschriftlichen Testamenten der Fall sein dürfte, nicht Aufgabe des Testamentsvollstreckers, im Rahmen seiner Verwaltung des Nachlassvermögens die öffentlich-rechtlichen Pflichten des Erben zu erfüllen, insbesondere die den Erben betreffenden einkommensteuerrechtlichen Angelegenheiten hinsichtlich ihrer Beziehung auf den Nachlass zu überwachen.
Der BFH hatte im Übrigen schon in vergangener Zeit unter dem 20.10.1970 zu II 167/64 Folgendes ausgeführt:
„Dazu kommt, dass auch der zur Verwaltung (§ 2205 (1) BGB) und zur Auseinandersetzung (§ 2204 I BGB) des Nachlasses berufene (§§ 2208 (8) BGB) Testamentsvollstrecker, obschon er befugt ist, den Nachlass in Besitz zu nehmen (§ 2205 S. 2 BGB) und verpflichtet ist, ein Verzeichnis der Nachlassgegenstände aufzunehmen (§ 2215 (1) BGB) oder aufnehmen zu lassen (§ 2215 (4) BGB) – nicht über alle für die Erbschaftsbesteuerung (insbesondere über die Vermögensanfälle; § 24 (1) 1 ErbstG) erheblichen Tatsachen Auskunft geben kann, so nicht über die sich außerhalb des Erbrechts vollziehenden Anfälle (§ 2 (1) 3 ErbstG) und über Vorschenkungen (§ 13 ErbstG), sofern sie nicht nach §§ 2050 – 2056 BGB auszugleichen sind (§ 2057 BGB).“
Fällt bei einer Gesellschaftsbeteiligung des Erblassers ein gedachtes Auseinandersetzungsguthaben, aber nicht die Beteiligung selbst in den Nachlass (§§ 736, 738 BGB, §§ 138, 105 II HGB), so kann der Testamentsvollstrecker nur die Kenntnisse weitergeben, die er Kraft seines Auskunftsrechts (§§ 2212, 713, 666, 260 BGB) erlangt. Dies korrespondiert damit, dass, soweit der Testamentsvollstrecker Auskunftsrechte besitzt, das Finanzamt ihm wahrscheinlich auch auferlegen würde, diese Rechte geltend zu machen, um steuerliche Pflichten, ggf. auch des Erblassers, insbesondere aber des/der Erben, zu erfüllen.
Aus dieser Verpflichtung wird der Testamentsvollstrecker nur insoweit zu entlassen sein, als er weder grob fahrlässig noch vorsätzlich von Vorschenkungen keine Kenntnis hat und keinen Verdacht haben kann, dass solche Vorschenkungen stattgefunden haben. Sofern er jedoch, wie im vorliegenden Fall, von diversen Vorschenkungen Kenntnis hat und darüber hinaus vom Finanzamt auf den Verlust von 200.000,00 EUR hingewiesen wird, der in einem relativ kurz zurückliegenden Zeitraum stattgefunden haben muss, wird wohl eher zu erwarten sein, dass das Finanzgericht, sofern es darüber zu entscheiden hätte, den Testamentsvollstrecker für verpflichtet halten darf, da sich die Ermittlung solcher Vorgänge letztlich auch im Rahmen seines zivilrechtlichen Amtes – noch – bewegen, die Erklärungen, sofern er fündig wird, zu korrigieren oder abzugeben.
Im Ergebnis ist daher dafürzuhalten, dass
1. die zu ermittelnden Nachlassverbindlichkeiten als in das vom Testamentsvollstrecker unverzüglich zu erstellende Nachlassverzeichnis aufzunehmende Posten in den Rahmen seines zivilrechtlich begründeten Amtes fallen;
2. natürlich solche Aufklärungen nur in dem Rahmen stattfinden können, in dem der Testamentsvollstrecker selbst entweder Kenntnisse hat oder sie sich aufgrund der vorliegenden Unterlagen beschaffen kann oder aufgrund seiner zivilrechtlichen Auskunftsrechte erlangen kann;
3. bei entsprechenden Entdeckungen eine Berichtigungspflicht für abgegebene oder eine Anzeigepflicht für nicht abgegebene Steuererklärungen bestehen dürfte;
4. das Finanzamt eine Auskunftsberechtigung ihm gegenüber ohne weiteres geltend machen kann;
5. deshalb im oben gekennzeichneten Umfange und durch oben gesteckte Grenzen im zumutbaren Umfange Vorschenkungen dem Finanzamt konkret zu bezeichnen und mitzuteilen sind.
Der Testamentsvollstrecker kann freilich nur das angeben, was er selbst kennen bzw. ermitteln kann.
Wenn es mit unzumutbaren weiteren Ermittlungen verbunden wäre (beispielsweise Reise nach USA, Ermittlungen vor Ort), ist anzunehmen, der Testamentsvollstrecker kann sich auf diese Unzumutbarkeit und seine Unkenntnis zulässiger Weise berufen und braucht sich auch nicht grobe Fahrlässigkeit vorwerfen lassen.
Im Ergebnis ist für einen konkreten Fall der hier erörterten Art zu raten,
1. das Finanzamt zu bitten, die Rechtsgrundlagen für die Verpflichtung zur Abgabe der Erklärungen über Vorschenkungen bzw. zur Erklärung von Vorschenkungen und/oder zu dessen Ermittlungen konkret zu bezeichnen und die Begründung für die Testamentsvollstreckerverpflichtung darzulegen;
2. zu versuchen, mit den Finanzbeamten darüber zu sprechen, dass der Testamentsvollstrecker nur insoweit Kenntnisse weiter reichen kann, die er entweder selbst hat – eventuell genügt es dem Finanzbeamten schon – oder abzusprechen, in welchem Umfange denn nun Auskünfte eingeholt werden sollen;
3. dem Finanzamt recht unverzüglich die Vorlage der – vorhandenen – Bankauszüge anzubieten, wie das Finanzamt es fordert. Eventuell wird das Finanzamt dann selbst Ermittlungen anstellen, wobei aber wohl auch die Steuerfahndung auf die Sache angesetzt werden könnte.
Um Letzteres ggf. zu vermeiden, ist in solchem Falle zu empfehlen, eher akribische und detaillierte Kooperationsbereitschaft anzubieten. Denn die Alternative wäre, Zwangsmaßnahmen oder einen gegen den Testamentsvollstrecker gerichteten Steuerbescheid, um persönliche Steuerverpflichtungen zu erfüllen, gewahren und letztlich im gerichtlichen Verfahren abwehren zu müssen. Denn der Erbschaftsteuerbescheid für den konkreten Fall würde Vorschenkungen für den oder die Erben einbeziehen, die sich auf die letzten zehn Jahre beziehen und das Finanzamt könnte – theoretisch – versuchen, zunächst die 200.000,00 EUR dem steuerpflichtigen Erwerb hinzuzufügen und die tarifliche Steuer entsprechend festzusetzen.
Dass der Testamentsvollstrecker selbst in Anspruch genommen werden kann, kann nach derzeitiger Rechtsprechung nicht in Zweifel gezogen werden.