Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat in einer Pressemitteilung nunmehr eine Entscheidung aus dem Dezember 2011 kundgetan, bei der es um die Frage ging, unter welchen Voraussetzungen der Vater – der nicht mit der Kindesmutter verheiratet ist – gegen den Willen der Mutter das gemeinsame Sorgerecht erhalten kann. Das Bundesverfassungsgericht hatte in seiner Entscheidung vom 21. Juli 2010 die §§ 1626 Abs. 1 Nr. 1, 1672 Abs. 1 BGB als unvereinbar mit Art. 6 Abs. 2 GG erklärt (und war insoweit einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gefolgt).
Das BVerfG hatte entschieden, dass die §§ 1626 Abs. 1 Nr. 1, 1672 BGB, die eine Übertragung der elterlichen Sorge bei Nichtverheirateten von der Zustimmung der Mutter abhängig gemachten hatten, mit der Maßgabe anzuwenden sind, dass die gemeisame elterliche Sorge bzw. die elterliche Sorge insgesamt zu übertragen sind, wenn dies dem Kindeswohl am besten entspricht.
Damit wurde der unhaltbare Zustand aufgehoben, der darin bestand, dass es für den nicht verheirateten Vater gegen den Willen der Mutter unmöglich gewesen ist, die gemeinsame Sorge für das eigene Kind zu erlangen auch wenn dies aus Kindeswohlgründen gerechtfertigt gewesen ist. Das BVerfG hat diesen Zustand beendet und dem Kindeswohl den Stellenwert zugeordnet den es nicht nur bereits nach Ansicht der fachgerichtlichen Rechtsprechung in anderem Zusammenhang genießt, sondern der diesem auch von der sozialwissenschaftlichen Forschung eingeräumt wird.
Das Schleswig-Holsteinische Gericht sah sich mit einem Fall konfrontiert in dem es das Begehren eines Vaters auf Übertragung der gemeisamen elterlichen Sorge auf beide Elternteile für die gemeinsame zweineinhalb jährige Tochter ging. Die Eltern hatten sich bereits vor Geburt des Kindes getrennt und lediglich im Rahmen einer Versöhnung eine kurze Zeit nach Geburt miteinander zu leben. Da keine gemeinsame Sorgerechtserklärung abgegeben wurde, hatte (und hat) die Mutter die alleinige elterliche Sorge für das Kind.
Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat den Antrag des Vater zurückgewiesen, da der Vater wiederholt Streitigkeiten mit der Kindesmutter iniziert hatte und diese Streitigkeit bereits eine Anzeige wegen Stalking und div. Polizeieinsätze zur Folge hatte. Das Gericht kam zu der Erkenntnis, dass zwischen den Eltern keine tragfähige soziale Beziehung besteht.
Diese Entscheidung ist sicherlich eine von vielen zukünftigen Entscheidungen zur Frage der Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge auf den Vater. Wie dargestellt ist die Entscheidung des BVerfG zwingend notwendig gewesen um den bis dato geltenden verfassungwidrigen Zustand aufzuheben, sie stellt aber keine Freifahrschein dahingehend dar, dass nunmehr in jedem Fall die elterliche Sorge (über den Umweg eines familienrechtlichen Verfahrens) beiden Elternteilen zustehen muss.
Der Maßstab für die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge hat sich insoweit nicht geändert, lediglich der Zugang zur gemeinsamen Sorge ist für den Kindesvater erleichtert.
Nach wie vor warten wir auf eine Entscheidung des BVerfG zur Verfassungsmäßigkeit von § 1684 BGB. Auch hier wird das BVerfG den geltenden unhaltbaren Zustand für die Väter aufheben müssen. Wir informieren Sie selbstverständlich bei weiteren Entwicklungen hierzu!
Andreas T. Hanke, Rechtsanwalt