Jahrzehntelang hatte in Deutschland eine Regelung Bestand, die es dem unverheirateten Kindesvater unmöglich machte, die gemeinsame Sorge für das Kind auszuüben bzw. zunächst übertragen zu bekommen, wenn die Kindesmutter sich weigerte eine gemeinsame Sorgeerklärung abzugeben. Das führte nicht nur zu Frustration sondern auch dazu, dass Väter ihre Elternverantwortung gegen den Willen der Mutter nicht wirklich nachkommen konnten. MIt Entscheidung des BVerfG vom 21.07.2010 (1 BvR 420/09) wurde dieser unhaltbare Zustand mit Hinblick auf die Unvereinbarkeit dieser Regelungen mit Art. 6 Abs. 2 GG aufgehoben (wir berichteten). Die Übertragung der elterliche Sorge auf beide Elternteile ist möglich, wenn dies dem Kindeswohl entspricht.
In Kenntnis dieser Rechtsprechung kam es zu einer Vielzahl von Anträgen von Vätern auf Übertragung der elterlichen Sorge auf beide Elternteile. Bedauerlicherweise wurden einige dieser Anträge in der Euphorie der Rechtsprechung des BVerfG zur modifizierten Anwendung von §§ 1626a Abs. 1 Nr. 1, 1672 Abs. 1 BGB ohne die notwendige Sachverhaltsüberprüfung gestellt. Dies führte zu einer Zurückweisung von einer Vielzahl von Anträgen. Das Kammergericht (KG) hatte sich in seiner Entscheidung vom 23.02.2012 (17 UF 375/11) genau mit einem solchen – augenscheinlich übereilten – Antrag auseinanderzusetzen, der aber als gut geeignetes Lehrbeispiel dafür steht, welche Fehler bei der Stellung eines solchen Antrages gemacht werden können bzw. welche Sachverhalte überhaupt nur einen solchen Antrag rechtfertigen.
Der Kindesvater begehrte Übertragung der gemeinsamen Sorge auf sich und die Kindesmutter (sog. Mitsorge). Der Kindesvater war in der Vergangenheit aber weder der vereinbarten Umgangsregelung sowie seiner Unterhaltspflicht nachgekommen. Das Kammergericht stellte fest, dass ein solches Verhalten nicht die Gewähr für eine kontinuierliche, verlässliche und verantwortungsbewusste Wahrnehmung des Sorgerechtes biete. Im Übrigen mangelte es an der – für die Ausübung der elterliche Sorge notwendigen – Kooperation und Kommunikation zwischen den Kindeseltern.
Die Entscheidung zeigt, wie wichtig es ist alle Aspekte in einem Sorgerechtsstreit zu berücksichtigen und nicht gewisse Aspekte „auszublenden“. Das Kindeswohl bleibt das entscheidende BEwertungskriterium für die Übertragung der elterlichen Sorge. Zeigt ein Kindesvater kein Interesse an seinem Kind, so wird es nahezu unmöglich für diesen sein, die Mitsorge für ein eigenes Kind zu erlangen. Die Rechtsprechung des BVerfG gleicht nur den Nachteil all derjenigen Väter aus, die auch vor Übertragungsbegehren bereits Interesse an dem Kind gezeigt haben und ihren Pflichten – soweit diese bestanden und vereinbart waren (Umgangsrecht) – nachgekommen sind.
Für diejenigen Väter ist durch die Entscheidung des BVerfG die Möglichkeit zur Mitsorge geschaffen worden. Hier sollte bei Bedarf über eine Antragstellung nachgedacht werden. Die Rechtsanwaltskanzlei Norbert W. Kirsch steht Ihnen bei der Durchsetzung Ihrer Rechte mit fachlichem Rat und professioneller Tat zur Seite.